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02.04.20 –
von Christoph Wapler, Fraktionsvorsitzender
Mit Stand vom 26. März schätzt das Robert-Koch-Institut die Gefährdung durch das neue Coronavirus für die Gesundheit der Bevölkerung insgesamt als "hoch", für Risikogruppen als "sehr hoch" ein. In dieser ernsten Lage ist derzeit der gesamte Sitzungsbetrieb der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf und ihrer Ausschüsse bis zum 19. April unterbrochen. Dann wird die Situation neu bewertet. Für uns ist klar: die BVV hat von der Berliner Verfassung den Auftrag erhalten, die Verwaltung des Bezirks zu kontrollieren. Das gilt uneingeschränkt, auch und gerade in Zeiten der Corona-Krise, mag jetzt auch oft von der "Stunde der Exekutive" die Rede sein. Die BVV muss - und wird - ihre Aufgaben erfüllen; nicht umsonst nimmt die Verordnung des Senats ihre Sitzungen vom Kontaktverbot ausdrücklich aus.
Nach der notwendigen Reorganisation der Abläufe ist es für die BVV notwendig, auch unter den derzeitigen Bedingungen eine regelmäßige Gremienarbeit aufrechtzuerhalten – immer unter Berücksichtigung der damit verbundenen Gefährdung. Laut Gesetz muss die Versammlung alle zwei Monate zusammenkommen, aber das ist eher eine formale Frage. Wichtig ist: Die BVV muss ihren Aufgaben nachkommen und in den ihr übertragenen Angelegenheiten, etwa im Baubereich, handlungs- und entscheidungsfähig bleiben. Unter Wahrung der Mehrheitsverhältnisse können Plenumssitzungen mit einer verringerten Zahl an Teilnehmer*innen stattfinden und rechtssicher Beschlüsse gefasst werden: eine Übung in politischer Fairness für die Fraktionen. Und gerade jetzt müssen die Bezirksverordneten die Möglichkeit behalten, Fragen zu stellen und das Bezirksamt zum Handeln aufzufordern.
Wie überall halten neue Formate Einzug: Zur Verständigung untereinander und zum kritischen Austausch mit dem Bezirksamt nutzen die Verordneten flexibel alle technischen Mittel. Telefonkonferenzen und Online-Meetings, für viele eben noch Neuland, gehören auf einmal zum Alltag. Eine öffentliche Sitzung kann das jedoch nicht ersetzen. So ist auch der Besuch der BVV und ihrer Ausschüsse nach der Senatsverordnung ausdrücklich erlaubt. Auch hier müssen wir die Gratwanderung zwischen Informationsfreiheit und Gesundheitsschutz vollziehen. Für uns gilt der Grundsatz: ohne Öffentlichkeit keine BVV-Arbeit. Zulange schon schieben wir die Frage von Streaming-Angeboten vor uns her, nun droht die Bezirksverwaltung vollends zur "Black Box" zu werden.
Die BVV hat sich behaglich eingerichtet in jahrzehntelang eingeübter Routine. Jetzt stehen die Verordneten vor ungeahnten Herausforderungen, die sie annehmen und bewältigen müssen.