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Stellungnahme der Fraktion zur Kolonie Oeynhausen

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat in der BVV am 17. Januar 2013 mehrheitlich einem Kompromiss zugestimmt, der eine Teilbebauung von 50% der Kolonie vorsieht, auf der anderen Seite aber auch die Hälfte der Gärten dauerhaft sichert.

25.02.13 –

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat in der BVV am 17. Januar 2013 mehrheitlich einem Kompromiss zugestimmt, der eine Teilbebauung von 50% der Kolonie vorsieht, auf der anderen Seite aber auch die Hälfte der Gärten dauerhaft sichert.

Hintergrund dieser Entscheidung ist eine nicht auszuschließende hundertprozentige Bebauung der Koloniefläche sowie Entschädigungsleistungen, die dem Bezirk gegenüber dem privaten Eigentümer drohen. Diese will der Senat nicht abfedern. Die Situation ist entstanden, nachdem der zuständige Stadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) über 10 Jahre lang die Kolonie nicht baurechtlich gesichert hat und die Kleingärtner ein Angebot zum Erwerb des Grundstückes nicht angenommen hatten. In ihrer Rede vor der BVV am 17. 1. 2013 hat die Fraktionsvorsitzende Dr. Petra Vandrey die Haltung der Fraktion begründet:

          Zum Thema Oeynhausen sehen wir uns als grüne Fraktion in einer schwierigen Situation. Wir wollen die Kleingärten so gut wie möglich schützen, da sind sich alle einig. Schwer zu entscheiden ist der richtige Weg dorthin und die Frage, ob wir überhaupt realistischerweise alle Kleingärten erhalten können. Denn zu bewerten sind

-  juristische, speziell baurechtliche Fragen

-  finanzielle Risiken für den Bezirk.

Wir haben viele unterschiedliche Meinungen hierzu geprüft, Rechtsgutachten gelesen, mit den Mitgliedern des Stadtentwicklungsausschusses geredet, uns durch Menschen mit Fachkenntnis aus unserer Partei informieren lassen, uns auf mehreren Sitzungen die Auffassung des zuständigen Stadtrats angehört, Schreiben der Kleingärtner gelesen.

Quintessenz: Viele verschiedene Meinungen, kein Patentrezept.    

Nach langer und sehr kontroverser Auseinandersetzung mit dem Thema in der Fraktion haben sich unsere FraktionärInnen mehrheitlich dafür ausgesprochen, der 50/50 – Lösung zuzustimmen, also dem Gesprächsergebnis, das Stadtrat Schulte mit dem Käufer erzielt hat, allerdings mit der von uns eingebrachten Änderung, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan zu fordern und nicht die vom Käufer gewünschte Befreiung zu akzeptieren. Damit wollen wir erreichen, das die Bebauung auf 50% der Fläche in einem geordneten, dem Baugesetzbuch entsprechenden Verfahren abläuft. Ich selbst bin für diese Lösung, weil ich zu folgendem Schluss gekommen bin:

 - Eine Garantie für einen 100% - Erhalt der Fläche für die Kleingärten gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr.

- Es besteht das Risiko, dass die gesamte Fläche bebaut wird und dann alle Kleingärten weichen müssen, wenn es keine Einigung gibt.

- Es besteht ein erhebliches Entschädigungsrisiko für den Bezirk, wobei die Höhe der Entschädigung nicht bezifferbar ist, jedenfalls aber im Millionenbereich liegt.

Wenn wir uns als grüne Fraktion jetzt für einen 100%-igen Erhalt der Kleingärten aussprechen würden, würden wir zwar jetzt vor den Kleingärtnern gut dastehen. Aber wir hätten ihnen einen Bärendienst erwiesen, wenn sich dann herausstellen sollte, dass ein 100%-Erhalt gar nicht geht und am Ende alle Kleingärten weg sind.

Schließlich fühle ich mich als grüne Kommunalpolitikerin - und Mitglied der BVV -  nicht nur den Kleingärtnern im Bezirk verpflichtet, sondern dem Bezirk in seiner Gesamtheit, und zwar auch dem Haushalt des Bezirks. Der Bezirk hat kein Geld – unter diesem Titel stand die Einwohnerversammlung, die vorgestern hier in diesem Saal stattfand. Die EinwohnerInnen setzen sich  - verständlicherweise – immer für die Belange ein, die sie jeweils selbst betreffen und bei denen gespart werden muss. Gespart werden muss überall, bei Spielplätzen, Schulessen, der Volkshochschule und den Musikschulen – um nur einige Beispiele, die BürgerInnen bewegen, zu nennen. Im Haushaltsausschuss der BVV – dessen Mitglied ich bin – ringen wir um jeden Euro. Im Moment müssen wir gerade einen Nachtragshaushalt für den Bezirk beschließen, weil schlicht zu wenig Geld da ist. Das Geld für eine eventuelle Entschädigung wegen der Kleingärten hat der Bezirk nicht, egal ob es um eine Entschädigung von 2 oder 25 Millionen geht. So ist es meiner Auffassung nach nicht verantwortbar, den Bezirk gar nicht von ihm bezahlbarer Entschädigungsforderungen auszusetzen. Dieses finanzielle Risiko, gepaart mit der Tatsache, dass ein 100% - Erhalt der Fläche als Kleingärten aus baurechtlicher Sicht nicht einmal sicher ist, sondern auch der völlige Verlust der Kleingärten nicht auszuschließen ist, hat bei mir zu der Entscheidung geführt, der 50/50 – Lösung zuzustimmen. Ich halte diese Einigung angesichts der jetzt noch möglichen Alternativen für die nicht populärste, aber für die verantwortlichste Lösung.

 

Wir werden jetzt darauf dringen, dass auf Grundlage des Kompromisses die Bebauung der Teilfläche in einem geordneten, baurechtlichen Verfahren erfolgt, und zwar durch den von uns geforderten vorhabenbezogenem Bebauungsplan unter Berücksichtigung von Umweltbelangen und BürgerInnenbeteiligung.

 

Dr. Volker Heise, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion stellt die Situation im Folgenden noch einmal grundlegend dar:

          In den letzten Wochen wurden von Planungsbetroffenen und interessierten Beobachtern über die Entstehung des Planungskonfliktes um die Kleingartenkolonie Oeynhausen, dessen Lösung und die Rolle der Charlottenburg- Wilmersdorfer Grünen immer wieder die unterschiedlichsten Stellungnahmen und Erklärungen verbreitet. Zur Ermöglichung einer ehrlichen Diskussion um das Planungsgeschehen sollen hier noch einmal die wesentlichen Fakten benannt werden:

 Die Kleingartenkolonie Oeynhausen befindet sich auf Flächen, die seit 1908 für die Bebauung vorgesehen sind. Seit 1958/60 gibt es für dieses Gebiet unter der Voraussetzung, dass es erschlossen wird, auch planungsrechtlich die Möglichkeit, es dreigeschossig mit Wohnungen zu bebauen. Die Grundstücke befinden sich seither in privatem Eigentum. Die Kleingärtner haben sie gepachtet.

 Bis in die 90er Jahre war der Berliner Wohnungsbedarf nicht groß genug, dass sich Wohnungsbau auf diesem Gelände für einen Investor gelohnt hätte. Die seit ca. 10 Jahren steigende Wohnungsnachfrage hat inzwischen Wohnungsbau auf der gesamten Fläche rentabel gemacht. Gleichzeitig hat der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf einen seit 1986 in Aufstellung begriffenen Bebauungsplan, der die Bebaubarkeit des Geländes untersagen und die Nutzung als Kleingartenfläche vorschreiben sollte - während Baustadtrat Gröhler (CDU) zuständig war - jahrelang nicht rechtsgültig festgesetzt. Der Eigentümer des Grundstücks konnte seine Bereitschaft erklären, das Gelände zu erschließen – eine Bebauung der gesamten Fläche drohte.

 2012 einigten sich der inzwischen zuständige Baustadtrat Marc Schulte (SPD)
in langen Gesprächen mit dem Eigentümer darauf, dass dieser einen Teil des
Geländes mit höherer Dichte, als bisher für die ganze Fläche vorgesehen,
bebauen könnte, wenn er einen anderen Teil des Geländes nicht bebauen und in
Gemeineigentum zum Zwecke der Kleingartennutzung überführen würde

 Der Eigentümer stimmte diesem Ergebnis unter der Bedingung, möglichst bald bauen zu dürfen, zu. Das heißt, er forderte für den Preis der Überlassung der Hälfte der Fläche an den Bezirk nicht nur die Zulässigkeit einer 6-geschossigen Wohnbebauung auf der anderen Hälfte der Fläche, sondern auch die Möglichkeit einer zeitnahen Realisierung der Wohnbebauung.

 Als Genehmigungsverfahren wurde die vom Eigentümer favorisierte Befreiung von der zulässigen Bebauung abgelehnt, stattdessen auf Vorschlag der Bündnisgrünen die Aufstellung eines so genannten vorhabenbezogenen Bebauungsplanes in der BVV beschlossen. Bei diesem Verfahren ist die Sicherung ökologischer Belange und die Beteiligung der Planungsbetroffenen des Umfeldes vorgesehen. Die Grünen werden sich dafür einsetzten, dass die Berücksichtigung ökologischer Belange und die Mitsprache der Planungsbetroffenen gesichert ist.

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