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21.01.20 –
von Sibylle Centgraf, Sprecherin für Klimaschutz und Liegenschaften
Mit dem im August veröffentlichten Masterplan Solarcity der Senatsverwaltung für Wirtschaft Energie und Betriebe sollen jetzt die Potenziale der Sonnenenergie in Berlin systematisch gehoben werden. Investitionen in Solarsysteme und eine Strategie der Umsetzung werden deshalb vom Land Berlin großzügig gefördert.
Photovoltaik (PV), eine Technologie, die Sonnenstrahlen in Strom verwandelt, wird seit 1958 in der Raumfahrt eingesetzt. An der TU Berlin in Charlottenburg wurde die Technologie in den 80er Jahren weiter bis zur Marktreife entwickelt, maßgeblich im studentischen Projektlabor "Wuseltronik". Die Gründer von Solon, Q-Cells und dem Photovoltaik-Institut Berlin haben hier getüftelt, ausprobiert und gelernt. Durch die mit dem Stromeinspeisungsgesetz von 1991 gesicherten Einspeisevergütungen und dem 2000 nachfolgenden Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fanden Solarmodule „Made in Germany“ zwanzig Jahre lang sichere Absatzmärkte. Besonders im Süden Deutschlands dezentral eingesetzt, ab 2008 auch durch die Freiflächenphotovoltaik, blieb die Binnennachfrage bis 2011 stabil. Durch ein Überangebot der Modulproduktion brach die Produktion in Deutschland bis 2013 ein, zahlreiche Solarfabriken schlossen.
Begann man schon Mitte der 90er auf den Schuldächern im sonnenverwöhnten Baden-Württemberg genossenschaftlich in Erneuerbare Energien zu investieren, so tut man sich in Berlin trotz heute besserer Wirkungsgrade von bis zu 90 Prozent noch immer schwer. Dabei sind die Kosten der Stromerzeugung aus Photovoltaik von 2011 bis 2017 um fast 75 Prozent gefallen. Gleichzeitig stieg der Anteil des Solarstroms am Strommix bis auf rund 8 Prozent. Trotz gesicherter Rendite scheitert die Genossenschaft BürgerEnergie Berlin bislang mit "Energiewende Selbermachen" an der Bürokratie, z. B. an den komplizierten Regelungen im erst 2017 beschlossene Mieterstromgesetz für den Geschosswohnungsbau.
Das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK 2030, vom Januar 2018) will 4 Gigawatt PV-Leistung erschließen und Berlin bis 2050 klimaneutral machen. Nachdem die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) 2018 das Berliner Solarpotenzial errechnet hat, braucht es nun eine Strategie der Umsetzung in jedem Bezirk. Denn Photovoltaik mit ca. 1 Prozent der Investitionskosten im Neubau kann enorme Einsparungen an Stromkosten bringen. Zudem fallen beim Eigenverbrauch Netz- und Leitungskosten weg. Im Ergebnis könnte zukünftig ein Drittel des Berliner Stromverbrauchs solar durch die Photovoltaik gedeckt werden. Bisher werden nur 0,4 Prozent des Stromverbrauchs durch PV erbracht.
Eine Tabelle der geeigneten Objekte in Charlottenburg Wilmersdorf liegt bereits vor. Das größte öffentliche Potenzial haben Schuldächer mit geschätzten 2,5 MW Leistung. Hinzu kommen private Gewerbeflächen mit 18 MW und Wohngebäude mit knapp 2 MW. In unserem Bezirk könnten selbst konservativ gerechnet – so die Studie der HTW – 20 Prozent des Stromverbrauches durch Photovoltaik gedeckt werden.
Für das Ziel, Berlin bis 2050 klimaneutral zu machen, braucht die Stadt eine dezentrale Energiewende. Dafür sollten für Hauseigentümer*innen und Investor*innen Beratungsleistungen erbracht werden. Auch die bezirkliche Bauberatung sollte zukunftstauglich zu einer Solar- und Energieberatung weiterentwickelt werden. Schließlich stehen die Gebäude, in die jetzt investiert wird, 2050 immer noch.
Sibylle Centgraf