Brauchen wir ein Leitbild für die City-West?

Das Beteiligungsverfahren zur „Charta City West 2040“ ist im Gange. Am Dienstag, dem 8. Dezember 2020 gibt es die digitale Diskussion zum Thema “Leitbild/Vision, Nutzungsmischung und Städtebau”.https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/aktuelles/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.1012062.php Fragen zur Veranstaltung könnnen hier eingereicht werden: https://mein.berlin.de/projekte/module/interaktive-veranstaltung-5/ Jenny Wieland, Sprecherin für Stadtentwicklung fragt dazu: Brauchen wir ein Leitbild für die City-West?(Dieser Artikel ist in unserer Broschüre "Grünes aus dem Rathaus" erschienen.) Die Corona-Pandemie zeigt den dringenden Handlungsbedarf auf, neue Perspektiven für unsere Städte zu entwickeln. Die sogenannte "Verkarstung der Innenstädte", die sich durch Leerstand in den Erdgeschosszonen, Kino- und Cafésterben und fehlende Einkaufsmöglichkeiten in den Geschäftsstraßen schon seit Jahren angedeutet hat, ist durch die Corona-Pandemie noch beschleunigt worden, in dem für viele Streaming und Online-Handel zum Standard geworden sind. Soll unser urbanes Leben in Zukunft nur noch im Internet stattfinden? Gleichzeitig hat die europäische Niedrigzinspolitik in den vergangenen Jahren eine Immobilienspekulation angefacht, deren schnelllebige Profitinteressen oft im Widerspruch zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung stehen, die eine lebenswerte Umgebung für die Menschen schaffen sollte. Grundstücke wurden so teuer gekauft, dass sie sich nur noch rechnen, wenn die Investoren Hochhäuser bauen. Sie schaffen durch Entmietungen gezielt Bauruinen, um die öffentliche Verwaltung unter Druck zu setzen, ihren Hochhausplänen zuzustimmen. Eine lebendige Stadt kommt dadurch umso weniger zustande. Die vor einem Jahr von der Bezirksstadtentwicklungsverwaltung zusammen mit der AG City und einem Expertengremium angestoßene Diskussion um ein Leitbild für die City West sollte daher dazu dienen, eine Antwort auf zentrale Fragestellungen zu finden:

28.11.20 –

von Jenny Wieland, Sprecherin für Stadtentwicklung

Die Corona-Pandemie zeigt den dringenden Handlungsbedarf auf, neue Perspektiven für unsere Städte zu entwickeln. Die sogenannte "Verkarstung der Innenstädte", die sich durch Leerstand in den Erdgeschosszonen, Kino- und Cafésterben und fehlende Einkaufsmöglichkeiten in den Geschäftsstraßen schon seit Jahren angedeutet hat, ist durch die Corona-Pandemie noch beschleunigt worden, in dem für viele Streaming und Online-Handel zum Standard geworden sind. Soll unser urbanes Leben in Zukunft nur noch im Internet stattfinden?

Gleichzeitig hat die europäische Niedrigzinspolitik in den vergangenen Jahren eine Immobilienspekulation angefacht, deren schnelllebige Profitinteressen oft im Widerspruch zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung stehen, die eine lebenswerte Umgebung für die Menschen schaffen sollte. Grundstücke wurden so teuer gekauft, dass sie sich nur noch rechnen, wenn die Investoren Hochhäuser bauen. Sie schaffen durch Entmietungen gezielt Bauruinen, um die öffentliche Verwaltung unter Druck zu setzen, ihren Hochhausplänen zuzustimmen. Eine lebendige Stadt kommt dadurch umso weniger zustande.

Die vor einem Jahr von der Bezirksstadtentwicklungsverwaltung zusammen mit der AG City und einem Expertengremium angestoßene Diskussion um ein Leitbild für die City West sollte daher dazu dienen, eine Antwort auf zentrale Fragestellungen zu finden: Wollen wir zum Beispiel eine soziale Durchmischung oder Investorenarchitektur? Wollen wir einen klimagerechten Verkehr und Bürgersteige für Menschen oder Blechwüsten und Staus? Wollen wir die Berliner Traufhöhe beibehalten oder flächendeckend Hochhäuser? Und vor allem: Wie wollen wir es schaffen, angesichts der zunehmenden Virtualisierung des Alltags das Leben trotzdem draußen auf den Straßen zu halten?

Eine Antwort könnte beispielsweise sein, wieder mehr Wohnraum in den Innenstädten vorzuschreiben und damit auch eine Antwort auf den akuten Wohnraummangel zu finden. Eine neue Gesetzesänderung ermöglicht nun Wohnen und die Lärm- und Luftbelastung von Gewerbe in unmittelbarer Nachbarschaft. Damit jedoch flächendeckend bezahlbares Wohnen durchgesetzt werden kann, wird ein neuer Bebauungsplan (B-Plan) für die gesamte City-West benötigt. Die grüne BVV-Fraktion hat hierzu bereits 2017 einen Antrag gestellt, einen Text-B-Plan für Wohnraum für die City-West zu schaffen. Nur mit einem B-Plan können Investoren dazu gezwungen werden, Mindestanteile an bezahlbarem Wohnraum zu schaffen.

Die Diskussion über ein Leitbild für die City-West soll nun mit der breiten Öffentlichkeit fortgesetzt werden. Das Expertengremium hat 79 Thesen erarbeitet, die jetzt öffentlich diskutiert werden sollen. Als grüne BVV-Fraktion rufen wir daher die Einwohner*innen unseres Bezirks dazu auf, sich an der Diskussion zu beteiligen. Denn die 79 Thesen können bloß ein Auftakt sein. Wir unterstützen die Intention des Bezirksamtes, dass am Ende des Diskussionsprozesses eine von einer breiten gesellschaftlichen Mehrheit getragene Vision steht, wie wir uns unser gemeinsames Leben in der City-West vorstellen. Wir dürfen die Stadt nicht in die Hand von kurzfristigen Investoreninteressen geben, die ihre Grundstücke überteuert gekauft haben, sondern müssen dahin zurückfinden, gestalten zu können.

Jenny Wieland